Start Aktuelles Parmalat in Italien: Aufstieg, Milliarden-Skandal und Neustart

Parmalat in Italien: Aufstieg, Milliarden-Skandal und Neustart

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Parmalat-Milch im italienischen Supermarktregal: Die Marke bleibt trotz Skandalgeschichte ein vertrautes Produkt des Alltags. (Foto: © Inga Bulgakova / Adobe Stock)
Parmalat-Milch im italienischen Supermarktregal: Die Marke bleibt trotz Skandalgeschichte ein vertrautes Produkt des Alltags. (Foto: © Inga Bulgakova / Adobe Stock)

Italien ist weltweit bekannt für seine kulinarische Tradition, starke Marken und eine unverwechselbare Lebensmittelkultur. Milch spielte dabei lange keine Hauptrolle – bis ein Unternehmen aus der Emilia-Romagna die Branche revolutionierte. Parmalat, einst gefeierter Beweis für italienische Innovationskraft und unternehmerischen Mut, entwickelte sich vom regionalen Molkereibetrieb zu einem internationalen Champion. Doch die Erfolgsgeschichte bekam ein dramatisches Ende, das Italien erschütterte und weltweit Schlagzeilen machte.

Aufstieg eines italienischen Lebensmittelgiganten

Parmalat wurde 1961 von Unternehmer Calisto Tanzi im norditalienischen Collecchio gegründet. Die Firma spezialisierte sich zunächst auf die Pasteurisierung von Milch und erkannte früh das wirtschaftliche Potenzial ultrahocherhitzter (UHT) Produkte. Die Einführung haltbarer Milch in Kartonverpackung war seinerzeit ein großer Markterfolg und machte Parmalat innerhalb kurzer Zeit zu einer bedeutenden Lebensmittelmarke. In den 1980er- und 1990er-Jahren expandierte das Unternehmen stark, übernahm internationale Marken und baute ein globales Vertriebs- und Produktionsnetzwerk auf.

Im Dezember 2003 wurde bekannt, dass ein angebliches Milliardenvermögen auf einem Offshore-Konto der Unternehmensgruppe nicht existierte. Der Enthüllung folgte ein massiver Finanzskandal, der zu einer der größten Insolvenzen der europäischen Wirtschaftsgeschichte führte. Ausführlich berichteten u. a. die Gazzetta di Parma und die Zeitung la Repubblica Parma.

Neustart unter französischem Eigentümer

Die Ermittlungen förderten ein komplexes Geflecht aus manipulierten Bilanzen, zweifelhaften Finanzkonstruktionen und undurchsichtigen Tochtergesellschaften zutage. Geschädigt wurden vor allem Kleinanleger, aber auch Banken und Zulieferer. Der Fall löste darüber hinaus in Italien eine breite Diskussion über Kontrolle, Unternehmensführung und staatliche Aufsichtssysteme aus.

Nach der Insolvenz blieben die Produkte und viele Geschäftsteile weiterhin gefragt. Unter staatlicher Sonderverwaltung wurde das Unternehmen saniert und später im Jahr 2011 mehrheitlich vom französischen Molkereikonzern Lactalis übernommen. Seitdem konzentriert sich Parmalat wieder auf das Kerngeschäft Milch- und Getränkeerzeugnisse. Heute jedoch nicht mehr als italienisches Familienunternehmen, sondern als Teil eines globalen Konzerns.

Was bleibt von Parmalat nach dem Neustart?

Der Name Parmalat steht heute nicht nur für Milchprodukte, sondern auch für ein mahnendes Beispiel aus der Unternehmensgeschichte: Wachstum ohne solide Kontrolle kann zur größten Schwachstelle werden. Gleichzeitig zeigt die Entwicklung, dass Marken trotz schwerer Krisen weiterbestehen können, wenn ein funktionierender Kern vorhanden bleibt. Ob in kleinen Dorfläden, Supermärkten der Großstädte oder den Ferienwohnungen am Meer, Parmalat war für viele Italiener mehr als nur ein Markenname. Der Griff ins Kühlregal im Supermarkt war wie selbstverständlich.

Die blau-weißen Milchziegel, die praktischen Trinkpäckchen, das unverkennbare Logo: Sie gehörten über Jahre hinweg zu einem typisch italienischen Kühlschrankinventar wie Butter, Pasta oder eine Flasche Acqua Frizzante. Für ganze Generationen von Familien war Parmalat Teil des Alltags, ob beim Frühstück vor der Schule, im Rucksack auf Klassenfahrt oder als Vorrat in den Küchenschränken südlicher Ferienhäuser, wo im Sommer die Hitze unbarmherzig ist und haltbare Milch ein Segen bleibt. Vielleicht machte gerade dieser allgegenwärtige Platz im Familienleben den späteren Skandal so schmerzhaft. Er traf nicht nur Bilanzen, er traf auch das Vertrauen der Verbraucher in Italien.

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