
Ob Riviera, Gardasee oder Toskana: Wer den Urlaub in Italien mit dem eigenen Wagen antritt oder sich vor Ort ein Auto mietet, begegnet einem System, das in Deutschland zwar ähnlich klingt, aber ganz anders funktioniert: dem „patente a punti“, dem italienischen Punkteführerschein, der Verkehrsverstöße sanktioniert. In diesem ausführlichen Überblick erklären wir das italienische Punktesystem und ordnen ein, welche Folgen es für deutsche Fahrer hat.
Das italienische Punktesystem: Start mit 20 Punkten
Das Punktesystem wurde in Italien 2003 eingeführt und gilt für jeden Inhaber eines italienischen Führerscheins. Anders als in Deutschland startet man nicht mit einem leeren Konto, sondern mit einem Guthaben von 20 Punkten. Dieses Guthaben sinkt, wenn Verkehrsverstöße begangen werden. Wer sich über längere Zeit korrekt verhält, kann sogar zusätzliche Punkte gutgeschrieben bekommen.
Das Konto ist also ein aktives System, das sowohl belohnt als auch sanktioniert. Während Deutschland ein reines Fehlersammelsystem führt, das bei zu vielen Eintragungen Konsequenzen hat, steht in Italien der Verbrauch der Punkte im Mittelpunkt. Erst wenn der Kontostand auf null sinkt, wird der Führerschein entzogen und der Fahrer muss die Prüfungen erneut ablegen.
Wie Punkte in Italien verloren gehen
Jeder Verstoß gegen die italienische Straßenverkehrsordnung – den Codice della Strada – ist mit einem festen Punktewert versehen. Kleinere Vergehen führen zu einem leichten Abzug, schwerere zu erheblichen Verlusten. Besonders gravierende Verstöße wie Alkohol am Steuer, gefährliches Überholen oder deutliche Geschwindigkeitsüberschreitungen können bis zu zehn Punkte auf einmal kosten.
Hinzu kommt, dass mehrere Verstöße in einem einzigen Vorgang addiert werden können, wenn auch nur bis zu einem gesetzlich festgelegten Höchstwert. Neben den Punkten drohen weitere Sanktionen wie Fahrverbote oder Beschlagnahmungen. Wichtig ist außerdem, dass in Italien immer der tatsächliche Fahrer haftet. Wird dieser bei einem Verstoß nicht identifiziert, muss der Fahrzeughalter den Fahrer nachträglich benennen. Tut er das nicht, wird er zusätzlich bestraft. Und der vorgesehene Punktabzug bleibt bestehen.

Es gibt Bonuspunkte für gute Fahrer
Das italienische Punktekonto kann sich auch positiv entwickeln. Fahrer, die zwei Jahre lang ohne jeglichen Punktverlust unterwegs sind, werden mit zwei zusätzlichen Punkten belohnt. Dadurch kann sich der Kontostand auf bis zu 30 Punkte erhöhen. Diese Regelung soll langfristig sicheres Fahren fördern und insbesondere Vielfahrer motivieren, dauerhaft vorsichtig unterwegs zu sein.
Für Fahranfänger gelten strengere Regeln
Besonders streng ist Italien gegenüber Fahranfängern, den sogenannten neopatentati. In den ersten drei Jahren nach Erhalt des Führerscheins sind sowohl Bußgelder als auch Punkteabzüge deutlich härter. Viele Verstöße werden in dieser Zeit sogar doppelt angerechnet. Für junge oder neue Fahrer bedeutet das, dass Fehlverhalten wesentlich schneller zu schwerwiegenden Konsequenzen führen kann als für erfahrene Fahrer.
Was bedeutet das System für deutsche Fahrer?
Für deutsche Autofahrer, die mit ihrer deutschen Fahrerlaubnis in Italien unterwegs sind, gilt grundsätzlich: Sie unterliegen zwar den italienischen Verkehrsregeln, aber das Punktesystem betrifft sie nicht direkt. Das italienische Punktekonto existiert nur für Inhaber eines italienischen Führerscheins.
Das bedeutet, deutsche Urlauber oder Geschäftsreisende können zwar Bußgelder erhalten, aber sie verlieren keine Punkte im italienischen System und es werden auch keine Punkte nach Deutschland übertragen. Italien meldet Verkehrsverstöße deutscher Fahrer nicht automatisch an das deutsche Fahreignungsregister in Flensburg.
Deutsche Fahrzeuge und Bußgelder: Was passiert im Ernstfall?
Auch wenn deutsche Fahrer keine Punkte riskieren, bleiben Bußgelder sehr real. Seit europäischen Regelungen zur Halterdatenermittlung kann Italien bei Verstößen wie Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Halteverboten die deutschen Halterdaten abfragen. Bußgeldbescheide werden dann an die Wohnadresse in Deutschland geschickt.
Wer innerhalb der ersten fünf Tage zahlt, profitiert in Italien häufig von einem erheblichen Rabatt. Wird die Zahlungsfrist jedoch überschritten, können sich Bußgelder leicht verdoppeln oder sogar verdreifachen. Punkte gibt es in Deutschland trotzdem nicht, aber die finanzielle Belastung kann erheblich sein.
Können deutsche Touristen Punkte verlieren?
Ein deutscher Fahrer verliert in Italien nur dann Punkte, wenn er eine italienische Fahrerlaubnis besitzt. Wer in Italien lebt oder seinen deutschen Führerschein gegen einen italienischen getauscht hat, wird genauso behandelt wie alle anderen italienischen Fahrer.
Alle übrigen Touristen oder Kurzzeitbesucher haben kein italienisches Punktekonto, und damit entfällt auch die Möglichkeit des Punktabzugs. Allerdings können schwerwiegende Verstöße zu Fahrverboten auf italienischem Staatsgebiet führen, selbst wenn keine Punkte betroffen sind.
Was deutsche Autofahrer wissen sollten
Das italienische Punktesystem ist klar strukturiert, streng und deutlich konsequenter als das deutsche Pendant. Es beginnt mit 20 Punkten, erlaubt durch gutes Verhalten eine Steigerung auf 30 Punkte und führt bei null Punkten zum vollständigen Verlust der Fahrerlaubnis.
Für deutsche Autofahrer bedeutet das System zwar keinen Punktabzug, doch die Bußgelder bleiben vollständig wirksam und können empfindlich hoch ausfallen. Wer in Italien unterwegs ist, sollte sich deshalb unbedingt an die Verkehrsregeln halten, denn Unwissenheit schützt nicht vor hohen Kosten und nicht vor möglichen Fahrverboten in Italien.































