Start Aktuelles Lebensqualität in Italien 2025: Ein Land im Ungleichgewicht

Lebensqualität in Italien 2025: Ein Land im Ungleichgewicht

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Svitlana Glumm, Redakteurin von Vivere in Italien, auf der Piazza del Duomo in Florenz. Die Toskana gehört laut Studie zu den Regionen mit hoher Lebensqualität, getragen von Kultur, Infrastruktur und stabilen kommunalen Strukturen. (Foto: © Bastian Glumm)
Svitlana Glumm, Redakteurin von Vivere in Italien, auf der Piazza del Duomo in Florenz. Die Toskana gehört laut Studie zu den Regionen mit hoher Lebensqualität, getragen von Kultur, Infrastruktur und stabilen kommunalen Strukturen. (Foto: © Bastian Glumm)

Die aktuelle Ausgabe der Studie Qualità della vita von ItaliaOggi und Ital Communications in Kooperation mit der Universität La Sapienza in Rom zeigt ein Italien, das in seinen regionalen Lebensverhältnissen zunehmend gespalten ist. Die Untersuchung der 107 Provinzen bestätigt die Entwicklung der vergangenen Jahre. Der Norden und weite Teile der Mitte präsentieren sich stabil und leistungsfähig, während der Süden trotz punktueller Fortschritte weiterhin stark zurückliegt. Die Studie stützt sich auf insgesamt 92 Indikatoren und nimmt damit wirtschaftliche, soziale und infrastrukturelle Aspekte gleichermaßen in den Blick.

Starke Lebensqualität im Norden und Teilen der Mitte

Im Norden dominieren Regionen wie die Lombardei, Südtirol, Venetien und Emilia-Romagna. Mailand führt das landesweite Ranking an und verdankt seine Position der Kombination aus wirtschaftlicher Stärke, guter Infrastruktur, hoher Innovationskraft und kontinuierlichen Investitionen in Mobilität und Dienstleistungen. Auch die Provinzen Bolzano und Trento stehen sehr gut da. Beide profitieren von stabilen Verwaltungsstrukturen, hoher sozialer Sicherheit und einer starken Verknüpfung zwischen Lebensumfeld und regionaler Identität. Venetien mit Städten wie Padua oder Verona überzeugt durch eine vielfältige Wirtschaftsstruktur und ein gut ausgebautes Bildungs- und Gesundheitssystem. In der Emilia-Romagna zeigen Bologna, Parma und Reggio Emilia erneut ein hohes Niveau an Lebensqualität. Die Region gilt seit Jahren als vorbildlich, weil sie ökonomische Leistungsfähigkeit mit sozialer Ausgewogenheit verbindet.

Orsomarso in Kalabrien steht stellvertretend für viele Gemeinden im Süden, die trotz landschaftlicher Schönheit mit strukturellen Problemen wie Abwanderung, schwachem Arbeitsmarkt und begrenzten öffentlichen Dienstleistungen kämpfen. (Foto: © Bastian Glumm)
Orsomarso in Kalabrien steht stellvertretend für viele Gemeinden im Süden, die trotz landschaftlicher Schönheit mit strukturellen Problemen wie Abwanderung, schwachem Arbeitsmarkt und begrenzten öffentlichen Dienstleistungen kämpfen. (Foto: © Bastian Glumm)

In Mittelitalien erreicht die Toskana ausgezeichnete Werte. Florenz profitiert von einer starken kulturellen Infrastruktur und einem stabilen Dienstleistungssektor. Pisa oder Siena liegen ebenfalls gut, da Tourismus, Bildung und Gesundheitswesen eng verzahnt sind. Latium ergibt ein gemischtes Bild. Rom verliert in der aktuellen Studie erneut Plätze, insbesondere aufgrund anhaltender Verwaltungsprobleme, Verkehrsdichte und Defiziten in der öffentlichen Sicherheit. Gleichzeitig verbessern sich einzelne Bereiche wie das Gesundheitswesen und das kulturelle Angebot.

Laut Studie „schwache Lebensqualität“ im Süden

Der Süden steht erneut vor großen Herausforderungen. Regionen wie Sizilien, Kalabrien, Basilikata, Apulien und Kampanien belegen die hinteren Plätze des Rankings. Am deutlichsten zeigt sich dies in Provinzen wie Caltanissetta oder Crotone, die am Ende der nationalen Liste stehen. Diese Gebiete leiden unter einem dauerhaft schwachen Arbeitsmarkt, niedrigen Investitionsvolumen, Abwanderung junger Menschen und einem insgesamt fragilem Verwaltungsapparat. In Teilen Apuliens verschärfen industrielle und ökologische Konflikte die Lage zusätzlich. In Kampanien bleibt Neapel trotz kultureller Vielfalt und touristischer Attraktivität deutlich im unteren Bereich. Faktoren wie Kriminalität, Verkehrsprobleme und soziale Ungleichheit wirken sich stark negativ auf die Bewertung aus.

Sizilien zeigt leichte regionale Unterschiede. Provinzen wie Ragusa oder Trapani schaffen es punktuell, von touristischen Impulsen oder lokalen Reformprozessen zu profitieren. Große Städte wie Palermo, Catania oder Agrigento kommen jedoch weiterhin nicht über mittelmäßige oder schlechte Werte hinaus. Kalabrien bleibt eines der am stärksten belasteten Gebiete des Landes. Die Strukturprobleme sind tief verwurzelt und spiegeln sich 2025 erneut deutlich in den Indikatoren Arbeitsmarkt, Sicherheit und soziale Stabilität wider.

Sperlonga zeigt die schöne Seite von Latium. Die Studie zur Lebensqualität macht jedoch deutlich, wie unterschiedlich die Bedingungen innerhalb der Region ausfallen. (Foto: © Bastian Glumm)
Sperlonga zeigt die schöne Seite von Latium. Die Studie zur Lebensqualität macht jedoch deutlich, wie unterschiedlich die Bedingungen innerhalb der Region ausfallen. (Foto: © Bastian Glumm)

Stagnation trotz Einzelinitiativen

Nur etwa 60 der 107 Provinzen werden von der Studie als gut oder akzeptabel eingestuft. Dies deutet darauf hin, dass Italien insgesamt nur begrenzt Fortschritte erzielt hat. Die wirtschaftliche Erholung, die Unterstützung europäischer Programme und verschiedene regionale Reformen konnten die strukturellen Unterschiede nicht entscheidend verringern. Während viele nördliche Regionen ihre Position behaupten oder ausbauen, rutschen einige ohnehin schwache Provinzen weiter ab. Die Studie für 2025 bildet damit den aktuellen Referenzpunkt, da eine Ausgabe für 2026 bislang nicht angekündigt wurde.

Italien steht vor der Herausforderung, erfolgreiche regionale Modelle aus dem Norden und Zentrum auf benachteiligte Gebiete zu übertragen. Der langfristige Erfolg hängt davon ab, ob es gelingt, Verwaltung, Infrastruktur, Bildung und wirtschaftliche Rahmenbedingungen im Süden nachhaltig zu verbessern. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Lebensqualität nicht allein von ökonomischen Kennzahlen abhängt. Sie entsteht vor allem dort, wo verlässliche öffentliche Strukturen, soziale Stabilität und eine funktionierende lokale Governance ineinandergreifen.

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