Start Aktuelles Jetzt ist es amtlich: Italienische Küche ist UNESCO-Kulturerbe

Jetzt ist es amtlich: Italienische Küche ist UNESCO-Kulturerbe

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Pasta e patate, ein einfaches, herzhaftes Gericht aus Süditalien. Symbol jener Alltagsküche, die nun als Teil des immateriellen UNESCO-Erbes gewürdigt wird. (Foto: © Bastian Glumm)
Pasta e patate, ein einfaches, herzhaftes Gericht aus Süditalien. Symbol jener Alltagsküche, die nun als Teil des immateriellen UNESCO-Erbes gewürdigt wird. (Foto: © Bastian Glumm)

Was seit Jahren vorbereitet wurde, ist nun offiziell: Die italienische Küche ist in die repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen worden. Der zwischenstaatliche UNESCO-Ausschuss, der derzeit im indischen Neu-Delhi tagt, stimmte der Einschreibung der Kandidatur „Cucina italiana fra sostenibilità e diversità bio-culturale“ zu und das einstimmig. Italien ist damit das erste Land, dessen gesamte nationale Küche diesen Status erhält, berichtet unter anderem RaiNews.

Die Entscheidung wurde im Saal mit Applaus begrüßt. Die italienische Delegation wird von Außenminister Antonio Tajani geführt, der von einem „Moment des Stolzes und der Identität“ sprach. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni nannte den Schritt in einer Videobotschaft an das Komitee einen „historischen Erfolg, der das italienische Volk ehrt und unsere Art zu leben feiert“.

Erste Küche in ihrer Gesamtheit ausgezeichnet

Die UNESCO würdigt ausdrücklich nicht nur einzelne Rezepte oder Produkte, sondern die italienische Küche als lebendiges System aus Wissen, Ritualen und sozialen Praktiken. Damit unterscheidet sich dieser Eintrag von früheren Gastronomie-Anerkennungen, die sich meist auf eine bestimmte Technik oder Tradition bezogen,  etwa die Kunst des neapolitanischen Pizzabäckers.

Die jetzt anerkannte „Cucina italiana“ umfasst den gesamten Bogen vom bäuerlichen Wissen über Anbau und Verarbeitung, über handwerkliche Herstellungsweisen in Molkereien, Bäckereien und Pastifici bis hin zu familiären Alltagssituationen rund um den Esstisch. Entscheidend sei, dass diese Küche Nachhaltigkeit, regionale Vielfalt und biokulturelle Diversität verkörpert.

Mit der Aufnahme der italienischen Küche steigt die Zahl der immateriellen Kulturerbe-Einträge Italiens auf 20. Bereits zuvor standen unter anderem die Mediterrane Diät, die „vite ad alberello“ von Pantelleria, die neapolitanische Pizzakunst und die Trüffelsuche auf der UNESCO-Liste.

Pizza in Südtirol mit regionalem Speck. Ein Beispiel dafür, wie lokale Zutaten Italiens kulinarische Vielfalt prägen, die nun als UNESCO-Kulturerbe anerkannt wurde. (Foto: © Bastian Glumm)
Pizza in Südtirol mit regionalem Speck. Ein Beispiel dafür, wie lokale Zutaten Italiens kulinarische Vielfalt prägen, die nun als UNESCO-Kulturerbe anerkannt wurde. (Foto: © Bastian Glumm)

Langes Ringen um ein nationales Erbe

Die Kandidatur wurde 2023 offiziell eingereicht,  maßgeblich vom Collegio Culinario, in Zusammenarbeit mit Casa Artusi, der Accademia Italiana della Cucina und der traditionsreichen Zeitschrift La Cucina Italiana.

Die Vorarbeit begann jedoch bereits früher: Schon 2020 startete La Cucina Italiana eine Kampagne, um die italienische Küche als Kulturerbe zu positionieren. In einer Reihe von Sonderausgaben holte das Magazin Spitzenköche wie Massimo Bottura, Carlo Cracco, Davide Oldani, Niko Romito und Antonino Cannavacciuolo als Gastprotagonisten an Bord. Ziel war es, die Küche nicht als starres Rezeptrepertoire, sondern als kulturelles Mosaik von regionalen Traditionen, Alltagsritualen und geteilten Erinnerungen sichtbar zu machen.

Bereits am 10. November hatte ein UNESCO-Expertenorgan ein positives technisches Gutachten abgegeben und empfohlen, die italienische Küche in die Liste aufzunehmen. Diese Vorprüfung wurde nun vom zwischenstaatlichen Ausschuss bestätigt.

Symbolischer Sieg für Identität und Alltag

In italienischen Medien wird der Entscheid als Sieg für den Alltag gefeiert. Betont wird, dass die Küche ausdrücklich als „Praxis des täglichen Lebens“ gewürdigt wird, nicht als exklusives Gourmet-Phänomen. Sie gilt als Beispiel für eine Kultur, die Menschen über Generationen hinweg verbindet, lokale Biodiversität schützt und Lebensmittelverschwendung entgegenwirkt.

Der Drei-Sterne-Koch Niko Romito hob in einem Interview mit „La Repubblica“ hervor, dass die Auszeichnung zwar ein Grund zur Freude, zugleich aber eine Verpflichtung sei: Die italienische Küche müsse nun respektiert, behütet und weiterentwickelt werden. Er erinnert daran, dass es weniger um einzelne berühmte Gerichte gehe als um ein Geflecht aus Wissen, Erinnerungen und Beziehungen, das von Generation zu Generation weitergegeben werde.

Auch der konservative „Il Giornale“ hatte bereits vor der Entscheidung betont, dass eine Anerkennung nicht als Schluss-, sondern als Startpunkt zu verstehen sei: Italien müsse die Gelegenheit nutzen, um Ernährungserziehung, kulinarische Bildung und den Schutz lokaler Traditionen systematisch zu stärken.

Politische Botschaft und wirtschaftlicher Schub

Für die Regierung in Rom ist der UNESCO-Beschluss auch eine politische Visitenkarte. Premierministerin Meloni sprach von einem „Primat, der uns stolz macht“ und einem Signal an die Welt, dass Italien seine Rolle als Hüter eines einzigartigen kulinarischen Erbes wahrnehme. Außenminister Tajani unterstrich, dass die Küche Identität, Geschichte und Kultur repräsentiere. Gleichzeitig verwies er auf die wirtschaftliche Dimension: Die italienische Küche sei ein außergewöhnlicher Wachstumsmotor, der Export von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen erreiche seit Jahren Rekordwerte.

Schon im Vorfeld hatten Studien gezeigt, dass ein UNESCO-Prädikat den Tourismus und die Nachfrage nach authentischen Produkten deutlich steigern kann. Italien rechnet nun mit einem zusätzlichen Schub für Gastronomie, regionale Produzenten und kulinarische Reiserouten. Con der Trüffelsuche im Piemont über die Nudeltraditionen in Emilia-Romagna bis zu den Fischküchen am Mittelmeer.

Verantwortung für die Zukunft der Küche

Die Aufnahme verpflichtet Italien, dieses Erbe zu schützen und weiterzugeben. Dazu gehört nach Ansicht vieler Experten nicht nur der Schutz traditioneller Rezepte, sondern auch eine klare Strategie gegen kulinarische Uniformität, für Bildung in Ernährungsfragen sowie für die Stärkung kleiner Produzenten und handwerklicher Betriebe.

Eines ist mit der Entscheidung von Neu-Delhi jedenfalls klar geworden: Wenn künftig über Kultur gesprochen wird – über Sprache, Musik, Bräuche –, dann gehört die italienische Küche nun offiziell dazu. Nicht nur als Genuss, sondern als Teil eines Erbes, das Millionen Menschen täglich leben, am Herd, am Tisch und im gemeinsamen Essen. Wir von Vivere in Italien freuen uns und sehr für diese hochverdiente Auszeichnung für ein großartiges Land mit seiner unverwechselbaren Küche. Daumen nach oben!

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