
Wer nach Italien auswandert, sollte sich nicht nur um Wohnung, Steuern und Sprache kümmern – auch die medizinische Versorgung ist ein zentrales Thema. Denn obwohl Italien zur EU gehört und Deutsche grundsätzlich frei einreisen und bleiben dürfen, funktioniert das Gesundheitssystem anders als in Deutschland. Ohne Vorbereitung kann es beim Zugang zur Krankenversicherung kompliziert werden.
Wie das Gesundheitssystem in Italien organisiert ist
Italien betreibt mit dem Servizio Sanitario Nazionale (SSN) ein steuerfinanziertes Gesundheitssystem, das allen dauerhaft ansässigen Personen medizinische Grundversorgung bietet. Die Struktur ist staatlich, die Umsetzung liegt jedoch bei den Regionen. Dadurch unterscheiden sich Leistungen, Wartezeiten und Verwaltungsabläufe teils erheblich. Wer dauerhaft in Italien lebt, hat grundsätzlich Anspruch auf medizinische Versorgung im Rahmen dieses Systems.
Was das „Ticket“-System für Versicherte bedeutet
Obwohl viele Leistungen im öffentlichen System abgedeckt sind, ist die Gesundheitsversorgung nicht durchgehend kostenlos. Für Facharzttermine, Diagnostik oder verschreibungspflichtige Medikamente gelten Zuzahlungen in Form sogenannter „Tickets“. Die Höhe richtet sich nach Einkommen, Region und Art der Leistung. In bestimmten Fällen – etwa bei chronischen Erkrankungen oder niedrigem Einkommen – sind Befreiungen möglich.
Zugang zum SSN: Wer ist wie versichert?
Arbeitnehmer werden automatisch in das System aufgenommen, sobald sie in Italien sozialversicherungspflichtig tätig sind. Voraussetzung ist in der Regel eine gültige Steueridentifikationsnummer, eine Wohnsitzmeldung und ein Arbeitsnachweis. Anschließend wird eine Tessera Sanitaria ausgestellt, die den Zugang zu ärztlichen Leistungen ermöglicht.
Deutsche Rentner können über das Formular S1, das von der deutschen Krankenkasse bereitgestellt wird, Zugang zum italienischen System erhalten. Die italienischen Gesundheitskosten werden dann von der deutschen Krankenversicherung übernommen.
Wer keine Rente bezieht und nicht arbeitet, kann sich freiwillig beim SSN anmelden. In diesem Fall ist eine jährliche Pauschale zu zahlen, die sich nach dem Einkommen richtet und je nach Region unterschiedlich hoch ausfallen kann. Wie die freiwillige Einschreibung abläuft, beschreibt diese praktische Übersicht.
Wichtig: Wohnsitzmeldung statt Aufenthaltstitel
Als EU-Bürger benötigen Deutsche keinen Aufenthaltstitel, sondern lediglich eine Wohnsitzmeldung bei der Gemeinde, wenn sie sich länger als 90 Tage in Italien aufhalten. Diese Meldung ist in vielen Regionen Voraussetzung für die Einschreibung beim SSN. In der Praxis kommt es jedoch vor, dass lokale Behörden widersprüchliche Anforderungen stellen – etwa, dass der Wohnsitznachweis erst nach Krankenversicherung erfolgt oder umgekehrt. Regionale Unterschiede in der Verwaltungspraxis sorgen hier gelegentlich für Verwirrung.
Private Krankenversicherungen spielen in Italien eine ergänzende Rolle. Sie ersetzen die öffentliche Absicherung nicht, können aber Vorteile wie kürzere Wartezeiten, bessere Ausstattung oder Sprachunterstützung bieten. Viele Auswanderer nutzen daher eine Kombination aus öffentlicher Versorgung und privatem Zusatzschutz – insbesondere, wenn sie auf einen bestimmten Leistungsstandard nicht verzichten möchten. Empfohlene Kombinationen und Policen helfen bei der Orientierung.
Eine solide medizinische Grundversorgung in Italien
Das italienische Gesundheitssystem bietet eine solide medizinische Grundversorgung, unterscheidet sich jedoch strukturell deutlich vom deutschen Modell. Wer nach Italien umsiedelt, sollte frühzeitig klären, ob er automatisch versichert ist oder sich freiwillig einschreiben muss – und ob das S1-Formular infrage kommt. Mit guter Vorbereitung lässt sich die Versorgung im neuen Heimatland sicherstellen, ohne unerwartete bürokratische Hürden.
Was ist der SSN?
Der Servizio Sanitario Nazionale (SSN) ist das öffentliche Gesundheitssystem Italiens. Es wurde 1978 gegründet und stellt sicher, dass alle Bürger sowie dauerhaft im Land lebende EU-Ausländer Anspruch auf medizinische Grundversorgung haben. Finanziert wird der SSN durch Steuern, nicht durch Krankenkassenbeiträge wie in Deutschland.
Die Verwaltung erfolgt dezentral über die Regionen, weshalb Leistungsumfang, Wartezeiten und Organisation regional unterschiedlich ausfallen können. Zugang zum System erhält man über die Tessera Sanitaria – die persönliche Gesundheitskarte, die bei der örtlichen Gesundheitsbehörde ausgegeben wird.