Start Aktuelles Maut in Italien 2025: Kosten, Telepass und neue Regeln erklärt

Maut in Italien 2025: Kosten, Telepass und neue Regeln erklärt

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Mautstation auf einer italienischen Autostrada mit Telepass-Spuren und Kartenzahlung. Das Foto aus dem Jahr 2021 zeigt das auch heute noch gültige System in Italien. (Foto: © august.columbo/Adobe Stock)
Mautstation auf einer italienischen Autostrada mit Telepass-Spuren und Kartenzahlung. Das Foto aus dem Jahr 2021 zeigt das auch heute noch gültige System in Italien. (Foto: © august.columbo/Adobe Stock)

Wer in Italien mit dem Auto unterwegs ist, merkt es schnell: Jede längere Fahrt über die Autostrade kostet bares Geld. Das italienische Mautsystem, eines der ältesten Europas, steht heute im Zentrum einer politischen, wirtschaftlichen und technologischen Transformation. Zwischen verfassungsrechtlichen Urteilen, Milliardeninvestitionen und digitalen Reformen zeigt sich: Die Zukunft des Autofahrens in Italien wird an der Mautstation entschieden.

Maut in Italien seit den 1960er-Jahren

Bereits in den 1960er-Jahren führte Italien als eines der ersten Länder Europas ein flächendeckendes Mautsystem ein, um den Ausbau der Autostrade zu finanzieren. Heute umfasst das Netz laut der Autorità di Regolazione dei Trasporti rund 6.006 Kilometer mautpflichtiger Autobahnen. Das System wird überwiegend von privaten Betreibern verwaltet, allen voran der Branchenriese Autostrade per l’Italia, der etwa die Hälfte des Netzes kontrolliert. Nach dem Einsturz der Morandi-Brücke in Genua im Jahr 2018 stand das Unternehmen wegen mangelhafter Wartung massiv in der Kritik. Seither wächst der Druck auf Betreiber und Staat, mehr Transparenz, Kontrolle und Sicherheit zu gewährleisten.

So funktioniert die Maut in Italien

In Italien zahlt man nach Strecke – je länger die Fahrt, desto höher die Gebühr. Wer auf die Autobahn auffährt, zieht an der Mautstation ein Ticket oder wird automatisch elektronisch registriert. Dieses Ticket begleitet die Fahrt bis zur Ausfahrt, wo der Preis je nach zurückgelegter Entfernung berechnet wird. An der Ausfahrt kann bar, mit Karte oder automatisch bezahlt werden.

Besonders bequem ist der sogenannte Telepass. Die kleine Box, kaum größer als eine Zigarettenschachtel, wird an der Windschutzscheibe befestigt und kommuniziert per Funk mit der Mautstation. Wenn sich das Auto nähert, erkennt das System das Kennzeichen und öffnet die Schranke automatisch. Die Gebühr wird anschließend vom hinterlegten Konto abgebucht. Wer den Telepass nutzt, muss nicht anhalten und spart Zeit – ein Vorteil besonders auf stark befahrenen Strecken wie zwischen Mailand und Bologna. Rund elf Millionen Nutzer in Italien verwenden den Transponder inzwischen regelmäßig. Der Service kostet rund 1,83 Euro pro Monat, zusätzlich zu den üblichen Mautgebühren, und funktioniert auch in Frankreich, Spanien, Portugal und Österreich, wenn man die europäische Erweiterung aktiviert hat.

Für alle, die ohne Telepass unterwegs sind, ist Orientierung an den Fahrspuren entscheidend. Gelb steht für Telepass, Blau für Kreditkarten und Weiß für Barzahlung. Wer versehentlich in die falsche Spur fährt oder die Gebühr nicht sofort entrichten kann, erhält ein Ticket, das später online oder an bestimmten Tankstellen nachgezahlt werden kann. Eine Fahrt von Mailand nach Neapel kostet für einen Pkw im Schnitt etwa 70 Euro – ein stolzer Preis, der im europäischen Mittelfeld liegt.

Telepass-Mautbox an der Windschutzscheibe eines Autos: Mit solchen Geräten bezahlen Autofahrer in Italien ihre Maut automatisch, ohne an der Schranke anzuhalten. (Foto: © Bastian Glumm)
Telepass-Mautbox an der Windschutzscheibe eines Autos: Mit solchen Geräten bezahlen Autofahrer in Italien ihre Maut automatisch, ohne an der Schranke anzuhalten. (Foto: © Bastian Glumm)

Wirtschaft und Investitionen

Im ersten Quartal 2025 erzielte Autostrade per l’Italia laut Unternehmensberichten 881 Millionen Euro an Mauterlösen. Gleichzeitig investierte das Unternehmen in den ersten neun Monaten 2024 rund 1,67 Milliarden Euro in Wartung, Sicherheit und Modernisierung des Netzes. Trotz dieser Investitionen spüren Autofahrer die steigenden Kosten: Zum Jahreswechsel 2025 stiegen die Mauttarife bei den großen Betreibern um durchschnittlich 1,5 Prozent. Die italienische Regierung verteidigt diese Anpassung mit dem Hinweis auf gestiegene Bau- und Energiekosten, während Verbraucherschützer mehr Transparenz über die Verwendung der Gelder fordern.

Im Oktober 2025 erklärte das italienische Verfassungsgericht die Verschiebung früherer Mauterhöhungen zwischen 2020 und 2023 für verfassungswidrig. Die Richter sahen darin einen Verstoß gegen die Prinzipien der Gleichheit und der wirtschaftlichen Freiheit. Dieses Urteil zwingt sowohl Betreiber als auch Regierung, ihre Tarifpraxis neu zu strukturieren. Das Infrastrukturministerium arbeitet bereits an einer umfassenden Reform, die im Mai 2025 als Gesetzesentwurf vorgestellt wurde. Das neue Modell soll ab 2026 gelten und die Tarife stärker an den tatsächlichen Investitionen der Betreiber ausrichten. Ziel ist es, langfristig stabilere und gerechtere Preise zu schaffen – und in einigen Fällen die Gebühren sogar zu senken.

Pilotprojekt mit automatischer Kennzeichenerkennung

Parallel dazu treibt Italien die Digitalisierung seines Mautsystems voran. Auf mehreren Strecken in Norditalien läuft derzeit ein Pilotprojekt mit automatischer Kennzeichenerkennung, das ohne Schranken auskommt. Autofahrer werden beim Ein- und Ausfahren über Kameras erfasst, die Gebühr wird anschließend automatisch über ein Onlinekonto abgerechnet. Diese Technologie, bekannt als Free Flow, soll ab 2026 landesweit ausgerollt werden. Sie verspricht kürzere Wartezeiten, weniger Staus und eine effizientere Verkehrssteuerung. Langfristig wird auch über ein satellitengestütztes System diskutiert, ähnlich der deutschen Lkw-Maut, das präziser abrechnen und gleichzeitig Umwelt- und Verkehrsdaten erfassen könnte.

Die Maut ist auch eine soziale Frage

Doch nicht nur Technik und Tarife sind umstritten. Für viele Italiener ist die Maut längst eine soziale Frage. Berufspendler und Menschen in strukturschwachen Regionen zahlen oft mehrere Hundert Euro im Jahr, um zur Arbeit zu gelangen. Rabattprogramme gibt es, doch sie gelten nur auf bestimmten Strecken und sind bürokratisch kompliziert. Gewerkschaften fordern deshalb eine nationale Regelung, die Vielfahrer und einkommensschwächere Gruppen entlastet. Auch der Ausbau des öffentlichen Verkehrs wird in diesem Zusammenhang immer wieder als Alternative gefordert, besonders in Regionen, in denen Autobahnen die einzige funktionierende Verbindung darstellen.

Italiens Mautsystem ist weit mehr als ein technisches Abrechnungssystem. Es ist ein Symbol für die Komplexität des Landes – zwischen moderner Technologie, politischer Reibung und mediterraner Improvisation. Es finanziert den Unterhalt einer der wichtigsten Infrastrukturen Südeuropas, sorgt aber auch regelmäßig für Streit, Frust und Diskussionen. Zwischen alten Automaten und neuen Algorithmen sucht Italien nach einem Weg, Mobilität gerechter, moderner und transparenter zu gestalten. Bis dahin bleibt Autofahren auf der Autostrada ein teures Vergnügen – mit Aussicht auf Meer, Berge und jede Menge Bürokratie.

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