
Es gibt Desserts, die einem auf den ersten Blick den Atem rauben. Millefoglie ist genau so eins. Außen schlicht und gleichzeitig edel: knusprige, goldbraune Blätterteigschichten, dazwischen zartschmelzende Creme, mal mit Vanillenoten, mal mit fruchtiger Marmelade. Ein einziger Löffel – und man befindet sich mitten im kulinarischen Himmel. Doch millefoglie ist nicht einfach nur eine Süßigkeit. Es ist ein Stück Geschichte, das durch Jahrhunderte, Tafeln und Generationen gereist ist.
Dessert kommt ursprünglich aus Frankreich
Ursprünglich stammt das Dessert aus Frankreich, wo es als „mille-feuille“ bekannt ist – was so viel heißt wie „tausend Blätter“. Doch wie bei so vielen Gerichten hat sich Italien diesen Klassiker zu eigen gemacht. Und der italienische millefoglie hat Charakter: etwas schlichter, weniger formell, dafür echter und hausgemachter. Ein Dessert nicht nur für besondere Anlässe – sondern auch das süße Finale eines Familienessens, eine Überraschung zum Geburtstag der Nonna oder ein liebevolles „Danke“ nach einem anstrengenden Tag.
Übrigens: Erste schriftliche Erwähnungen von geschichtetem Blätterteig-Dessert finden sich bereits im 17. Jahrhundert in Frankreich. Damals beschrieb der Koch François Pierre de La Varenne die Technik der „tausend Schichten“ in einem seiner Kochbücher. In Italien wurde das Dessert dann ab dem 19. Jahrhundert besonders in Rom und Neapel populär – dort, wo kulinarische Kreativität mit Tradition Hand in Hand geht. Die Italiener machten es zu ihrem eigenen: mit Vanillecreme statt Buttercreme, mit Früchten, Likör und mediterraner Leichtigkeit.
Im Süden Italiens hat sich millefoglie fest etabliert
Einige Forscher vermuten sogar, dass die Idee der vielschichtigen Süßspeise durch arabische Einflüsse nach Sizilien kam – dort waren im Mittelalter Schichtdesserts mit Mandeln, Rosenwasser und Honig weit verbreitet. Und die französische Bezeichnung Napoléon? Sie hat wohl weniger mit dem Kaiser zu tun als mit der Stadt Neapel (Napoli), was die enge kulinarische Verbindung zwischen Frankreich und Süditalien noch einmal unterstreicht.
Besonders im Süden Italiens hat sich millefoglie fest etabliert – in Regionen wie Kampanien, Latium oder Apulien wird es gerne zu Festen serviert, sei es zur Hochzeit oder zur Taufe. Dort ist millefoglie mehr als ein Dessert – es ist ein Gefühl. Und jedes Gebiet verleiht ihm seinen eigenen Twist: Ricottacreme hier, kandierte Orangenschalen dort, ein Spritzer Likör oder karamellisierte Nüsse als Topping.
Millefoglie ist ein kulinarischer Liebesbeweis
Was viele nicht wissen: Die Tradition der „tausend Schichten“ steht symbolisch für Fülle und Fürsorge. Millefoglie ist ein kulinarischer Liebesbeweis – da steckt Zeit, Hingabe und Detailverliebtheit drin. Und obwohl es so zart ist, wird es oft auch als festliche Torte serviert: Schicht für Schicht, gefüllt mit Creme, kühl gestellt und dann stolz präsentiert. Damit der Teig schön knusprig bleibt, wird das Ganze oft erst kurz vor dem Servieren zusammengesetzt – eine echte Kunst des Timings.
Willst du millefoglie zu Hause ausprobieren? Gar nicht so schwer – Geduld ist die wichtigste Zutat.
Klassisches Millefoglie-Rezept (italienischer Stil)
Zutaten:
- 2 Blätter fertiger Blätterteig
- 500 ml Milch
- 100 g Zucker
- 4 Eigelb
- 40 g Maisstärke
- 1 TL Vanilleextrakt
- Puderzucker zum Bestreuen
- (optional) Lieblingsmarmelade oder frische Erdbeeren
Zubereitung:
Den Backofen auf 200 °C vorheizen. Blätterteig ausrollen, mit einer Gabel einstechen und ca. 15–20 Minuten goldbraun backen. Damit der Teig flach bleibt, mit Backpapier abdecken und z. B. mit trockenen Bohnen beschweren. In einer Schüssel Eigelb mit Zucker cremig schlagen. Stärke hinzufügen und gut verrühren. Warme Milch langsam einrühren. Die Mischung in einen Topf geben und bei schwacher Hitze unter ständigem Rühren eindicken lassen. Vanille unterrühren.
Abgekühlten Teig in gleich große Rechtecke schneiden. Eine Schicht mit Creme bestreichen, optional Marmelade oder Fruchtstücke daraufgeben, mit zweiter Teigschicht bedecken. Nach Wunsch wiederholen. Mit Puderzucker bestreuen und am besten sofort servieren, solange der Teig noch schön knusprig ist.
Warum millefoglie mehr ist als nur süß
Weil dieses Dessert Charakter hat. Es zeigt, wie aus einfachem Blätterteig und bescheidener Creme ein kulinarisches Kunstwerk wird. Es geht um das Knuspern, das uns an Kindheit erinnert. Um den ersten Löffel, den man mit jemand Besonderem teilt. Millefoglie ist ein Dessert, in dem jeder etwas Eigenes entdeckt: Erinnerungen, Inspiration oder einfach den perfekten Abschluss eines Abends.
Es drängt sich nicht auf, es schreit nicht nach Aufmerksamkeit – aber wer es einmal gekostet hat, kommt immer wieder zurück. Wie zu einem alten Freund, der immer ein bisschen Licht und Wärme mitbringt.