Ich schaue gerade die Serie „Meine geniale Freundin“ und das lässt mich tief in die Geschichte von Lenù und Lila eintauchen – zwei Freundinnen, deren Schicksal eng mit den turbulenten Veränderungen in der italienischen Gesellschaft verbunden ist. Die Serie basiert auf der Romanreihe „Die neapolitanische Saga“ von Elena Ferrante, die nicht nur von einer Mädchenfreundschaft erzählt, sondern auch politische, soziale und kulturelle Transformationen in Italien von den 1950er Jahren bis zum Beginn der 2000er Jahre widerspiegelt. Die Autorin ließ sich von ihrer eigenen Kindheitsgeschichte inspirieren, was die Handlung noch realistischer und tiefgründiger macht.
Italien nach dem Zweiten Weltkrieg
Es ist die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, in der Italien große sozioökonomische Veränderungen durchläuft. Der Roman zeigt deutlich die Spannung zwischen der traditionellen patriarchalen Gesellschaft und der allmählichen Modernisierung, den Einfluss der Mafia-Strukturen sowie die Herausforderungen, mit denen Frauen in ihrem Streben nach Bildung und Unabhängigkeit konfrontiert waren. Die Ereignisse der Serie umfassen mehrere Jahrzehnte: 1950er – 1960er Jahre (Nachkriegsitalien, soziale Ungleichheit), 1970er Jahre („Bleierne Jahre“ – politische Proteste, Arbeiterkämpfe, Feminismus), 1980er Jahre (wirtschaftlicher Aufschwung, zunehmender Einfluss der Camorra, technologische Entwicklungen) und 1990er – 2000er Jahre (Korruptionsskandale, Globalisierung, Niedergang der traditionellen Politik).
Die Bücher vermitteln dies durch die Geschichten der Hauptfiguren. Lenù und ihr Ehemann Pietro gehören zur intellektuellen Elite und diskutieren linke Bewegungen und revolutionäre Ideen, während Lila in Neapel bleibt und mit Gewalt in einer Fabrik konfrontiert wird – ein realistisches Bild der damaligen Arbeiterklasse. Feminismus ist ebenfalls ein zentrales Thema – Lenù baut sich dank ihrer Bildung eine Karriere als Schriftstellerin auf, muss sich jedoch mit Diskriminierung auseinandersetzen, während Lila trotz ihrer Genialität in der harten Realität der patriarchalen Gesellschaft gefangen bleibt. Auch die Camorra spielt eine bedeutende Rolle – in Neapel kontrolliert sie Wirtschaft, Politik und sogar das Bildungswesen, was sich in Lilas Geschichte zeigt, die ihr eigenes Unternehmen gründen will, jedoch gezwungen ist, mit der Mafia zu interagieren.
Atmosphäre der Bücher perfekt eingefangen
Die Serie „Meine geniale Freundin“ ist eine äußerst getreue Adaption der Bücher und wurde in Zusammenarbeit mit HBO und RAI produziert. Sie fängt die Atmosphäre der Romane perfekt ein, dank hervorragender Schauspielkunst, der Verwendung des neapolitanischen Dialekts und einer authentischen Darstellung der damaligen Lebensweise. Die erste Staffel erschien 2018 und umfasst die Kindheits- und Jugendjahre der Protagonistinnen. Die zweite Staffel, die 2020 veröffentlicht wurde, zeigt ihren Kampf im Erwachsenenalter, während die dritte Staffel (2022) uns in eine Zeit politischer und sozialer Veränderungen eintauchen lässt. Die vierte und letzte Staffel ist für 2025 geplant.
Während der Dreharbeiten gab es viele interessante Momente. So wurde eigens ein Teil Neapels rekonstruiert, um die Atmosphäre der 1950er Jahre originalgetreu wiederzugeben, einschließlich historischer Architektur und Kostüme. Die Hauptdarstellerinnen Margherita Mazzucco (Lenù) und Gaia Girace (Lila) wurden aus Tausenden von Bewerberinnen ausgewählt und lernten für die Authentizität der Serie, den neapolitanischen Dialekt zu sprechen. Zudem war Elena Ferrante aktiv an der Drehbuchgestaltung beteiligt.
Zeitreise durch Jahrzehnte des Wandels in Italien
Warum sollte man die „Neapolitanische Saga“ lesen oder die Serie anschauen? Es ist nicht nur die Geschichte zweier Frauen, sondern eine wahre Zeitreise durch Jahrzehnte des Wandels. Die Erzählung thematisiert Frauenemanzipation, politische Krisen, den Einfluss der Mafia und soziale Ungleichheit. Ferrante verwebt geschickt historische Ereignisse mit den persönlichen Geschichten ihrer Figuren, was ihre Bücher besonders emotional und lebensnah macht. Übrigens: Es lohnt sich, die Serie auf italienisch (ggf. mit Untertiteln) zu schauen. So fängt man am besten die ganze Atmosphäre der Saga ein!
„Meine geniale Freundin“ – Wer streamt es?