
Ein Gastbeitrag von Vera Sulima
Am Pragser Wildsee – ein Moment der Stille
Am Lago di Braies, dem Pragser Wildsee, schien die Zeit stillzustehen. Das Wasser so klar, dass es wie ein Spiegel wirkte – ein Spiegel, der meine Gedanken aufsog und sie mit jedem Blick leichter werden ließ.
Hinter mir drängten sich Touristen am Ufer, doch ich spürte sie kaum. Ich saß da, die Füße im Wasser und war einfach nur glücklich. Zunächst erntete ich verwunderte Blicke. Doch bald wandelten sich diese in Lächeln, in stilles Verständnis. Und einige setzten sich sogar zu mir ans Ufer – als wollten sie an diesem kleinen Glücksmoment teilhaben.
In den Dolomiten – Herzschlag der Freiheit
Die Dolomiten empfingen mich mit einer Wucht und Schönheit, die schwer in Worte zu fassen ist. Zwischen den mächtigen Gipfeln schlug mein Herz anders – weit, frei, als ob sich unsichtbare Flügel öffneten. Nur eines empfand ich dort: den leisen Schmerz, kein Vogel zu sein.

Und während ich den Blick über die Wiesen schweifen ließ, wurde ich von einem Klang begleitet, der zur reinsten Meditation wurde: das helle „Ding-ding“ der Glocken an den Hälsen der Almkühe. Jeder Ton ein Takt – entspannen… atmen… genießen…
Toblach – ein kleines Stück Zuhause
Das charmante Städtchen Toblach (Dobbiaco) überraschte mich mit Wärme und einem besonderen Zauber. Die Gassen dufteten nach frisch gebrühtem Kaffee und nach Croissants, die so groß waren, dass man sie kaum halten konnte. Ich verliebte mich in die blumengeschmückten Häuser, in den Platzbrunnen, in dem ich meine müden Füße kühlte und lachend mit Kindern Wasser spritzte.
Ich fand Ruhe im stillen Licht der Kirche, stöberte durch alte Stickereien auf dem Flohmarkt – und ließ meinen Blick immer wieder über die Bergkulisse schweifen, die das Städtchen wie ein Gemälde einrahmt. Toblach schenkte mir eine besondere Energie: lebendig, pulsierend, voller Lachen und italienischer Gastfreundschaft. Alles begann mit einem einfachen „Buongiorno, signora“ – und ich war mittendrin in dieser herzlichen Welt.
Die Magie der Morgenstunden
Doch das Schönste war der Morgen. Wenn die Berge sich in Wolken hüllen, sanft und geheimnisvoll, als wäre man in ein Märchen eingetreten. Es war, als könnte man die Wolken berühren – oder gar schmecken. Eine leise, flüchtige Magie, die den Tag mit einem Staunen beginnen ließ.

So viel mehr als „nur“ ein Reiseziel
Die Berge waren immer meine Liebe. Hier atme ich tief, hier finde ich Ruhe. Und so erinnerten mich die Dolomiten an die Worte eines Philosophen:
„Hier gehöre ich niemandem. Hier bin ich nur ich selbst. Und hier finde ich Frieden.“
Für mich ist Südtirol deshalb weit mehr als ein Reiseziel. Es ist eine Begegnung mit mir selbst. Mit Freiheit, Schönheit und stiller Kraft. Mit etwas, das man nicht in Worte fassen kann – das man nur im Herzen trägt.
Und so weiß ich: Diese Landschaften, die sich tief in mein Inneres eingebrannt haben, werde ich niemals vergessen. Sie rufen mich zurück. Und eines Tages werde ich wiederkehren.