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Lago d’Averno – ein See, der nach Legende riecht

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Ein Frühlingsspaziergang am geheimnisvollen Lago d'Averno bei Neapel – zwischen Natur, Mythos und dem antiken Tor zur Unterwelt. (Foto: © Bastian Glumm)
Ein Frühlingsspaziergang am geheimnisvollen Lago d'Averno bei Neapel – zwischen Natur, Mythos und dem antiken Tor zur Unterwelt. (Foto: © Bastian Glumm)

Frühling, April, die Sonne lacht durch die jungen Blätter, die sich gerade erst nach dem Winterschlaf entfalten – die perfekte Zeit für einen Spaziergang. Wir beschlossen, zum Lago d’Averno zu gehen – einem zauberhaften See, versteckt im Krater eines alten Vulkans bei Pozzuoli, nur wenige Kilometer von Neapel entfernt, in der italienischen Region Kampanien. Aber glaubt nicht, dass es nur ein schöner Ort mit Wasser ist – nein, dieser Ort war einst von einem flüsternden Ruf umgeben: „Dort ist der Eingang zur Hölle…“

Für die Römer ein Tor zur Unterwelt

Ja, wirklich! Das ist keine poetische Übertreibung. In der Antike galt der Lago d’Averno als echtes Tor zur Unterwelt – zum Hades. Der Name stammt vom lateinischen Avernus, was „vogellos“ bedeutet. Man glaubte, dass Vögel, die über den See flogen, tot zu Boden fielen – vergiftet von den giftigen Dämpfen. Und obwohl moderne Wissenschaft das mit natürlichen vulkanischen Gasen wie Schwefelwasserstoff und Kohlendioxid erklärt – in der Luft liegt tatsächlich etwas Unheimliches. Ein leichter Schwefelgeruch, ab und zu Blasen, die aus der Tiefe aufsteigen, und das dunkle Wasser, tief und schimmernd – wie Augen, die längst vergangene Dinge gesehen haben.

Und dann – das ist das Spannendste – war genau dieser Ort Schauplatz einer der berühmtesten Szenen der römischen Dichtung. In der Aeneis von Vergil steigt Aeneas, geführt von der Kumanischen Sibylle, hinab in die Unterwelt. Und der Anfang dieser mystischen Reise? Genau hier, am Ufer des Lago d’Averno.

Rund um den See spielte sich ganz viel römische Geschichte ab. Zu sehen sind heute noch Reste des Tempels des Apollo. (Foto: © Bastian Glumm)
Rund um den See spielte sich ganz viel römische Geschichte ab. Zu sehen sind heute noch Reste des Tempels des Apollo. (Foto: © Bastian Glumm)

Einst lagen dort Kriegsschiffe vor Anker

In römischer Zeit hatte dieser Ort nicht nur mythische, sondern auch strategische Bedeutung. Kaiser Augustus ließ hier den Portus Julius anlegen – einen Militärhafen, durch einen Kanal mit dem Meer verbunden. In diesem heute ruhigen See lagen einst Kriegsschiffe vor Anker. Das dunkle Wasser erinnert also sowohl an Legenden als auch an Eisen.

Während des römischen Bürgerkriegs spielte der Lago d’Averno in militärischer Hinsicht deshalb eine bedeutende Rolle. Im Jahr 37 v. Chr. ließ Marcus Vipsanius Agrippa, der engste Vertraute und Flottenbefehlshaber von Octavian (dem späteren Augustus), am Lago d’Averno eine gewaltige Militärwerft errichten. Der See wurde durch Kanäle mit dem nahegelegenen Meer verbunden, sodass hier eine verborgene, geschützte Flottenbasis entstand. Inmitten der dichten Vegetation und den dampfenden Hügeln des Vulkangebiets entstanden die Kriegsschiffe, mit denen Octavian später in der Seeschlacht bei Actium triumphieren sollte.

Grüne Hänge, wilder Wein und Blumen

Und wir? Wir spazierten einfach. Es war still, aber voller Geräusche – von Vögeln, die einander übertönten, von unseren Schritten auf dem Kies, vom Leben, das den Frühling erfüllt. Grüne Hänge, wilder Wein, Blumen, die sich in den ersten warmen Sonnenstrahlen öffnen… Wir lachten, atmeten tief die frische Luft ein, und blieben manchmal einfach stehen und schauten auf das dunkle Wasser – als wollten wir fragen: „Und? Bist du immer noch das Tor zur Hölle?“ Der See schwieg. Und lächelte mit dunklem Schimmer.

Ort der Stille, Schönheit und Erinnerung

Heute ist der Lago d’Averno kein Ort der Furcht mehr, sondern einer der Stille, der Schönheit und der Erinnerung. Perfekt, um an Mythen, Dichtung und die menschliche Sehnsucht nach dem Unbegreiflichen zu denken. Perfekt für einen Frühlingsspaziergang – und um ein kleines Stück von sich dort zu lassen.

ℹ️ Besuchsinformationen zum Lago d’Averno

📍 Lage

Der Lago d’Averno liegt in der Gemeinde Pozzuoli, etwa vier Kilometer westlich von Neapel, in der italienischen Region Kampanien. Er befindet sich im Herzen der Phlegräischen Felder (Campi Flegrei), einer geologisch aktiven Zone mit vielen alten Vulkankratern.

🚗 Anreise & Parken

Mit dem Auto:
Von Neapel aus erreicht man den See bequem über die Tangenziale (A56), Ausfahrt „Arco Felice“ oder „Pozzuoli„. Danach einfach der Beschilderung Richtung „Lago d’Averno“ folgen.

Parkmöglichkeiten:
Entlang der Via Lago Averno gibt es mehrere Parkplätze. Besonders praktisch ist der Parkplatz am südöstlichen Ufer nahe einem Café – ein guter Ausgangspunkt für den Spaziergang rund um den See.

Besonders schön sitzt man im „Agriturismo Cantine dell’Averno“, wo regionale Spezialitäten inmitten von Weinreben und Natur serviert werden. (Foto: © Bastian Glumm)
Besonders schön sitzt man im „Agriturismo Cantine dell’Averno“, wo regionale Spezialitäten inmitten von Weinreben und Natur serviert werden. (Foto: © Bastian Glumm)

🚌 Öffentliche Verkehrsmittel

Bus:
Die Buslinie 906 verbindet das Zentrum von Pozzuoli direkt mit dem Lago d’Averno. Die Haltestelle befindet sich nur wenige Schritte vom Ufer entfernt.

Zug:
Die Cumana-Bahnlinie hält an der Station „Lucrino“, von dort sind es etwa 15–20 Minuten zu Fuß bis zum See.

🥾 Rundweg um den See

Ein etwa 2,8 km langer, ebener Rundweg führt direkt um den Lago d’Averno. Der Weg ist gut befestigt und eignet sich perfekt für einen gemütlichen Spaziergang, zum Joggen oder auch für Fahrräder. Ideal für Familien.

🍽️ Einkehrmöglichkeiten

Rund um den See befinden sich mehrere gemütliche Lokale. Besonders schön sitzt man im „Agriturismo Cantine dell’Averno“, wo regionale Spezialitäten inmitten von Weinreben und Natur serviert werden.

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