
Diese Pasta kennt in Italien fast jeder, außerhalb des Landes ist sie hingegen kaum bekannt: Pasta alla Genovese gehört zu den ältesten und traditionsreichsten Gerichten Neapels. Auf den Tischen der neapolitanischen Familien ist sie fester Bestandteil großer Festessen, oft zu Geburtstagen, Taufen oder einfach an Sonntagen, wenn die ganze Familie zusammenkommt.
Ein Gericht mit irreführendem Namen
Trotz ihres Namens hat die Genovese mit der ligurischen Stadt Genua wenig zu tun. Die genauen Ursprünge liegen im Dunkeln, doch vieles deutet darauf hin, dass genuesische Händler oder Köche im Mittelalter nach Neapel kamen und dort Rezepte oder Zubereitungsarten hinterließen. Was heute unter „Genovese“ bekannt ist, wurde jedoch in Kampanien zur Perfektion gebracht: eine reichhaltige, tiefe Sauce, die mit der ligurischen Küche nichts mehr zu tun hat.
Das Geheimnis der Genovese liegt in der Zeit. Basis der Sauce sind wenige, sorgfältig gewählte Zutaten: Rindfleisch, eine große Menge Zwiebeln, ein wenig Karotten und Sellerie, Weißwein, Olivenöl, Salz und Pfeffer. Manchmal wird das Rezept um ein kleines Stück Schweinefleisch oder Speck erweitert, um noch mehr Geschmackstiefe zu erzielen. Auf Tomaten wird fast vollständig verzichtet.
Zwiebeln werden in viel Olivenöl langsam angeschwitzt
Die Zubereitung ist eine Kunst für sich: Zwiebeln werden in viel Olivenöl langsam angeschwitzt, bis sie weich werden, aber keine Farbe nehmen. Das Fleisch wird dann hinzugegeben und im Zwiebelbett sanft gegart. Über Stunden – oft drei, vier oder sogar fünf – köchelt die Sauce bei niedriger Hitze vor sich hin. Die Zwiebeln zerfallen, karamellisieren und verbinden sich mit dem Fleisch zu einer dichten, süßen, beinahe seidigen Sauce. Das Fleisch selbst zerfällt und wird zum Teil der Sauce. Nichts wird forciert, alles entsteht langsam, fast wie von selbst.
Traditionell wird Pasta alla Genovese mit Ziti oder Mezzi Ziti serviert – dicke Röhrennudeln, die vor dem Kochen von Hand in kleinere Stücke gebrochen werden. Ihre Form fängt die schwere Sauce perfekt ein und sorgt dafür, dass jede Nudel von den Aromen umhüllt wird. Auch andere Pastasorten wie Candele oder Rigatoni finden Verwendung, doch echte Genuesen bevorzugen die klassischen Röhren.
Typisch für Neapel ist die Üppigkeit
Die Pasta selbst wird meist direkt mit der Sauce vermischt und großzügig mit geriebenem Pecorino oder Parmesan bestreut. Typisch für Neapel ist die Üppigkeit: Die Genovese wird nicht als kleines Pastagericht serviert, sondern als sättigende, zentrale Mahlzeit, die nach den langen Stunden der Vorbereitung zu einem echten Fest wird.
Heute findet man Pasta alla Genovese in Neapel nicht nur in Privathäusern, sondern auch in traditionellen Trattorien und kleinen Osterien, oft als Spezialität des Hauses. Jede Familie, jede Küche hat dabei ihre eigene Version: Manche setzen auf eine besonders hohe Menge an Zwiebeln, andere auf einen Schuss Brühe oder ein wenig Tomatenmark zur Abrundung, wieder andere schwören auf das Kochen im gusseisernen Topf, um die Hitze noch gleichmäßiger zu halten.

Die Sauce darf nicht hastig zubereitet werden
Was alle Genovese-Gerichte vereint, ist das Prinzip der Geduld: Die Sauce darf nicht hastig zubereitet werden. Wer eine echte Genovese probieren möchte, muss warten können – aber wird dafür mit einem Geschmack belohnt, der an geschmorte Zwiebeln, Fleischsaft, Süße und Tiefe erinnert, ohne je schwer oder plump zu wirken.
Pasta alla Genovese ist damit eines der besten Beispiele für die Philosophie der neapolitanischen Küche: Mit einfachen Mitteln, viel Liebe und Zeit ein Gericht zu schaffen, das Wärme und Großzügigkeit ausstrahlt und von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Pasta alla Genovese – Originalrezept
Zutaten (für sechs Personen)
- 500 g Ziti oder Mezzi Ziti
- 800 g Rindfleisch (am besten Schulter oder Wade, möglichst mit etwas Fettanteil)
- 1,5 kg weiße Zwiebeln
- 2 Karotten
- 1 Stange Sellerie
- 150 ml trockener Weißwein
- 3–4 EL Olivenöl (extra vergine)
- Salz und Pfeffer
- 1 Lorbeerblatt (optional)
- etwas geriebener Pecorino oder Parmesan zum Servieren
Zubereitung
Vorbereitung:
Die Zwiebeln schälen und in sehr feine Streifen schneiden. Karotten und Sellerie in kleine Würfel schneiden. Das Fleisch in ein großes Stück belassen (nicht klein schneiden).
Anschwitzen:
In einem großen, schweren Topf (idealerweise Gusseisen) das Olivenöl erhitzen. Das Fleisch rundherum anbraten, bis es leicht Farbe annimmt. Herausnehmen und beiseitestellen.
Zwiebeln garen:
Im gleichen Topf die Zwiebeln bei mittlerer Hitze glasig dünsten. Sie sollen weich werden, aber nicht braun. Karotten und Sellerie hinzufügen und alles einige Minuten sanft schmoren lassen.
Fleisch zurück in den Topf:
Das Fleisch wieder in den Topf legen, gut mit den Zwiebeln umhüllen und den Weißwein angießen. Kurz aufkochen lassen, dann die Hitze stark reduzieren.
Langsames Schmoren:
Bei sehr niedriger Hitze mindestens drei bis vier Stunden zugedeckt schmoren lassen. Gelegentlich umrühren, damit nichts anbrennt. Falls die Masse zu trocken wird, kann ein kleiner Schuss Wasser oder Brühe hinzugefügt werden.
Finale:
Am Ende der Garzeit sollte das Fleisch so weich sein, dass es von selbst zerfällt. Mit zwei Gabeln grob zerpflücken und unter die Sauce mischen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Pasta kochen:
Die Ziti in reichlich Salzwasser al dente kochen. Die Nudeln abgießen und sofort mit der heißen Sauce vermengen.
Servieren:
Mit geriebenem Pecorino oder Parmesan bestreuen und sofort genießen.
Hinweis: Die Pasta auf den Fotos haben wir in der Trattoria A’Mazzarella in Bacoli bei Neapel genießen dürfen. Einen Artikel über diese großartige Trattoria findet ihr hier:
Trattoria A’Mazzarella: Die authentische Cucina Flegrea in Bacoli