
Mit lautem Krachen wird am frühen Sonntagmorgen die sommerliche Festzeit im sizilianischen Küstenort Balestrate eingeläutet. Punkt sieben Uhr morgens erschallen über dem Ort die Salven der sogenannten Alborata, einer traditionellen Serie von Böllerschüssen, die in vielen süditalienischen Regionen den Auftakt religiöser Feierlichkeiten markieren. In Balestrate gehört sie untrennbar zum Patronatsfest zu Ehren des Heiligen San Pietro, Schutzpatron der Fischer und des Meeres.
Der laute Weckruf hat hier eine besondere Bedeutung. In einem Ort, dessen Geschichte und Identität eng mit dem Meer verknüpft ist, beginnt dieser Tag nicht nur symbolisch, sondern auch emotional mit einem Ritus, der Menschen und Himmel gleichermaßen ansprechen soll.
Ein Fest mit Wurzeln im Meer
Die Beziehung zwischen Balestrate und dem Meer ist nicht nur geografisch, sondern historisch und kulturell geprägt. Einst ein einfaches Fischerdorf, lebt die Gemeinde auch heute noch in engem Bezug zur Küste und zur maritimen Tradition. San Pietro, selbst Fischer bevor er zum Apostel wurde, wird hier mit tiefer Hingabe verehrt.
Bürgermeister Vito Rizzo erklärt: „Das Fest des Heiligen Petrus markiert für Balestrate sinnbildlich den Beginn der Sommersaison. Es vereint Glaube, Tradition, lokale Geschichte und kollektive Identität – in einer Feier, die weit über den religiösen Aspekt hinausgeht.“ In der Tat ist es dieser vielschichtige Charakter, der das Fest so bedeutend macht. Es ist zugleich Rückbesinnung und Begegnung, Brauchtum und Volksfest, Glaube und Genuss.

Zwischen Andacht und Atmosphäre
Nach der Alborata versammelt sich die Gemeinde zur ersten heiligen Messe des Tages in der Pfarrkirche San Pietro. Anschließend zieht eine feierliche Prozession mit der Statue des Heiligen durch die Straßen des Ortes. Getragen auf einem geschmückten Holzboot, wird San Pietro von Männern in traditioneller blau-weißer Kleidung begleitet. Musikvereine, Kinder mit Kerzen, ältere Frauen mit Rosenkränzen – der ganze Ort ist auf den Beinen.
Am Abend wiederholt sich das Ritual auf dem Wasser: Die Statue wird im Hafen auf ein Boot gehoben und in einer feierlichen Prozession über das Meer geleitet. Zahlreiche kleine Fischerboote reihen sich ein, die Uferpromenade ist dicht gefüllt mit Menschen – es ist ein stiller, bewegender Moment inmitten des Festes.
Sagra del Pesce – Kulinarik als Teil der Identität
Einen weltlicheren, aber nicht weniger wichtigen Teil der Feierlichkeiten bildet die kulinarische Seite des Festes. Bereits am Vorabend, dem 28. Juni, wurde die Sagra del Pesce, das traditionelle Fischfest, abgehalten. Frisch zubereiteter Thunfisch, Muscheln, Tintenfisch und andere Spezialitäten wurden an Ständen angeboten. Musikgruppen, Comedy, DJ-Sets und ein dicht gefüllter Platz sorgten für festliche Stimmung.

„Die Fischsagra bietet Touristen und Besuchern die Möglichkeit, die Köstlichkeiten unseres Meeres zu probieren“, so Rizzo weiter. Gerade in einem Ort wie Balestrate, wo der Fischfang einst viele Familien ernährte, hat dieses Festessen nicht nur geselligen, sondern auch symbolischen Wert.
Feierlicher Abschluss: Feuerwerk über dem Meer
Den Abschluss des Festtages bildet ein großes Höhenfeuerwerk über dem Wasser. Tausende Lichter spiegelten sich in der See, als goldene Fontänen und farbige Explosionen den Himmel über dem Hafen erhellten. Es war der festliche Schlusspunkt eines Tages, der bereits mit einem Donner begonnen hatte – und mit Staunen und Applaus endete.
Eine lebendige Tradition in Balestrate
Die Festa di San Pietro ist in Balestrate ein Ereignis, das viele Ebenen vereint: religiöse Verehrung, historische Erinnerung, kulinarischer Reichtum und soziale Begegnung. Es ist ein Fest, das sowohl die Wurzeln des Ortes als auch seine Gegenwart sichtbar macht – und das auch neue Besucher in seinen Bann zieht.
Wer an diesem Tag durch die Gassen Balestrates geht, merkt schnell: Es geht nicht nur um einen Heiligen, sondern um ein Lebensgefühl, das fest in der Gemeinschaft verankert ist. Es beginnt mit einem Knall – und hallt lange nach.

Über Balestrate
Einwohner: ca. 6.300 (Stand 2023)
Lage: Nordwest-Sizilien, Provinz Palermo, im Golf von Castellammare
Entfernungen: ca. 54 km (Straße) westlich von Palermo; ca. 56 km östlich von Trapani
Wirtschaft & Kultur: Ehemaliges Fischerdorf, heute geprägt von Fischfang, Tourismus und Landwirtschaft
Verkehrsanbindung: Zuglinie Palermo – Trapani, Straßenanschluss über die A29 zum Flughafen Palermo und Trapani